Der Betelnußmönch von der ShwedagonREISE NACH MYANMAR

Der Betelnußmönch von der Shwedagon

Der Betelnußmönch von der Shwedagon

Einer der Höhepunkte einer Myanmar-Reise ist der Besuch der buddhistischen Shwedagon Pagode in Yangon. Schon hier läßt sich viel über Religion, birmanische Astrololgie und die Kultur des Landes lernen. Wir haben das Glück Myat Aung – einen buddhistischen Mönch – kennenzulernen, der uns in die Geschichte und Architektur der Shwedagon und in die Sitten und Gebräuche seines Landes einführt.

Von Dirk Ruppik

Sozialistisch anmutender Wohnblock in Yangon  
Sozialistisch anmutender Wohnblock in Yangon  

Endlich wird ein lang gehegter Traum war. Heute fliegen wir nach Myanmar! Gestern habe ich meine Freundin Lysann am Don Mueng Flughafen in Bangkok abgeholt und schon heute nachmittag werden wir in Yangon, der Hauptstadt Myanmars sein. Der Flug dauert nur ca. 1,5 Stunden. Myanmar (bis 1989: Birma) gilt unter Travellern als eines der wenigen Reiseländer Südostasiens, das noch einen Hauch von Abenteuer und Unberührtheit verspricht. Aufgrund der politischen Situation ist das Land bislang relativ abgeschottet und beginnt sich erst in den letzten Jahren für den Tourismus zu öffnen. Anderswo schon zur Selbstverständlichkeit gewordene Dinge, wie das Wechseln von Reiseschecks und das Benutzen einer Kreditkarte kann man in Myanmar getrost vergessen. Wir müssen unsere gesamten Ausgaben kalkulieren und das Geld bar in US-Dollar mitbringen. Wenigstens wird der Zwangsumtausch von 200 US-Dollar in Kyat (sprich Tschät) seit 2004 nicht mehr gefordert.

Der Flug war ruhig, und wir passieren ohne Komplikationen die Paßkontrolle. Am Transportband für das Gepäck lernen wir Thorsten aus Freiburg kennen, nach kurzer Zeit sitzen wir schon zusammen im Taxi auf dem Weg in die Innenstadt Yangons. Ersteinmal fällt die geringe Anzahl an Autos und die hohe Anzahl an Menschen auf. Yangon wirkt recht kleinstädtisch. Weitere 20 Minuten später haben wir schon im White House eingecheckt. Ein sehr beliebtes Traveller-Hotel mit dem besten Frühstücksbrunch der Stadt.

Sozialistische Bauten und goldene Zedis

  Der Süd-(Haupt)aufgang zur Shwedagon Pagode
  Der Süd-(Haupt)aufgang zur Shwedagon Pagode

Voller Erwartung machen wir uns zu Fuß auf den Weg zur Shwedagon Pagode („Shwe“, zu deutsch „Golden“). Der sozialistische Charme der Stadtkulisse steht im argen Widerspruch zu all den schönen Kolonialhäusern, goldenen Pagoden und Zedis (glockenförmige Bauwerke zur Aufbewahrung von Reliquien), die wir auf dem Weg sehen. Der Besuch der Shwedagon Pagode ist einer der Höhepunkte einer Reise nach Myanmar. Für Buddhisten aus aller Welt ist ihre Bedeutung als Glaubenssymbol und Pilgerstätte unschätzbar.

Bis Mitte des 18. Jahrhunderts trug die Hauptstadt Myanmars, deren Geschichte rund 2000 Jahre zurückreicht, den Namen Dagon (goldene Pagode, Platz der Verehrung). Erst 1755 gab ihr König Alaungpaya, der die herrschenden Mon gestürzt hatte, ihren heutigen Namen Yangon, was so viel wie „Ende des Kampfes“ bedeutet. Die Stadt zählt heute vier bis fünf Millionen Einwohner.

Unser Dreigespann klettert die vielen Stufen bis zur Plattform hinauf, wo wir die obligatorischen 5 US-Dollar pro Person Eintritt (Einheimische haben freien Zugang) bezahlen. Uns verschlägt es fast die Sprache als wir die vielen goldglänzenden Pagoden, Zedis, Schreine und Statuen sehen.

Shwedagon Pagode mit Hauptstupa (-zedi) unzähligen Schreinen und Zedis  
Shwedagon Pagode mit Hauptstupa (-zedi) unzähligen Schreinen und Zedis  

Die Shwedagon Pagode ist voller Symbolik. Der Hauptstupa erinnert z.B. an den steilen Weg der aus dem Wiedergeburtenkreislauf ins Nirvana führt und symbolisiert somit Buddha und seine Lehre. Er erinnert auch an den Berg Meru, der nach buddhistischer-hinduistischer Vorstellung der Mittelpunkt der Welt ist. An die achteckige Basis mit 433 Metern Umfang schließen sich drei Terrassen an. Auf der untersten stehen 64 kleinere und vier größere Pagoden. Nach der dritten Terrasse folgt eine 22 Meter hohe Glocke, dann eine umgekehrte Almosenschale, die mit 16 Lotusblüten verziert ist. Der nächste Abschnitt wird als gewickelter Turban bezeichnet, auf den eine 9,5 Meter hohe Lotusblüte folgt. Auf der darauffolgenden 16 Meter hohen Bananenblüte steht der siebenfache Schirm hti, der mit 1.000 Diamanten und noch mehr Rubinen und Saphiren verziert ist. An einer langen Spitze befindet sich die Diamantenknospe. Diese Kugel mit 25 cm Durchmesser ist mit 4.500 Diamanten, Rubinen, Saphiren und Topasen besetzt. Die Diamantkugel symbolisiert die Erleuchtung nach einem aufwendigen und mit Hindernissen und Täuschungen gespickten Weg.

Acht Haare des Buddha

„Allein die Stupa (Zedi) ist mit 13.000 Goldplatten verkleidet, die zusammen 60 Tonnen wiegen“, spricht uns eine Stimme auf Deutsch an. Myat Aung ist ein buddhistischer Mönch, der nicht weit von der Shwedagon in einem Kloster wohnt. „Ihre jetzige Höhe beträgt ca. 100 Meter“, setzt er seine Rede fort. „Laut Legende befinden sich in der Stupa acht Haare Buddhas. Ein reicher Kaufmann erfuhr vor 2.500 Jahren von einer Hungersnot in Bengalen und schickte zwei seiner Söhne los, um eine Schiffsladung voll Reis ins Krisengebiet zu bringen. Unterwegs trafen sie einen Nat-Geist (Schutzgeist, der entweder eine verstorbene historische Persönlichkeit, ein Naturgeist oder auch eine Hindugottheit sein kann), der sie auf die Probe stellte und sie fragte, ob sie eher irdische oder himmlische Schätze begehren würden. Die Kaufmannssöhne entschieden sich für die himmlischen Schätze und der Nat führte sie zu Buddha.“ „Und von Buddha bekamen sie die acht Haare?“, fragt Thorsten. „Ja, aber schon bald darauf verloren sie vier von ihnen. Zwei wurden von einer Schlange gefressen und zwei gingen bei einem Überfall verloren. Bei der Rückkehr übergaben sie das Kästchen mit den Haaren König Okkalapa. Wie durch ein Wunder waren bei der Öffnung alle acht Haare wieder da. Sie schwebten in der Luft und leuchteten in allen Farben. Edelsteine regneten vom Himmel, Taube konnten wieder hören, Stumme wieder reden und Gelähmte wieder laufen. Okkalapa lies die Haare darauf am jetzigen Ort der Shwedagon in eine Stupa einmauern. Zu Beginn war die Shwedagon allerdings nur zehn Meter hoch.“

Lysann: „Im Laufe der Jahre wurde sie dann erweitert?“ „Ja, jeder König spendete gemäß der birmanischen Tradition Geld für die Erweiterung. Eine Königin führte die Tradition der Vergoldung mittels Blattgold ein. Sie spendete ihr Körpergewicht in Gold.“ „Aung, wie kommt es eigentlich, daß sie so gut Deutsch sprechen?“ „Ich bereite mich schon seit einigen Jahren für einen Missionsaufenthalt in Deutschland vor. So bin ich froh, ab und zu mit deutschen Touristen sprechen zu können. Vor ein paar Jahren war ich in Frankreich - in Paris – und habe dort Buddhismus gelehrt.“ „Können Sie denn so einfach aus Myanmar ausreisen?“, fragt Lysann. „Ja, für uns Mönche ist das kein Problem.“

Schreine für jedes Sternzeichen

  Der Schrein des Mars ist dem Dienstag und dem Sternzeichen Löwe zugeordnet
  Der Schrein des Mars ist dem Dienstag und dem Sternzeichen Löwe zugeordnet

Die Shwedagon besitzt vier Aufgänge, in jede Himmelsrichtung einen. Jeden Tag kommen Tausende von Pilgern, um vor den reich verzierten Schreinen, bzw. in den Tazaung (Gebetshallen) zu beten oder in den Zayat (Ruheräumen) zu meditieren. Es herrscht eine unglaublich friedvolle Athmosphäre auf der ca. 60.000 Quadratmeter großen Plattform. In allen acht Himmelsrichtungen befinden sich Schreine, die den Planeten, Wochentagen, Sternzeichen und auch bestimmten Eigenschaften zugeordnet sind.

In Myanmar gibt es eine Acht-Tage-Woche, die ihren Ursprung in der birmanischen Astrologie hat. Aung: „Der Tiger ist dem Montag, dem Mond und dem Osten zugeordnet. Der Dienstag ist der Tag des Löwen, er ist dem Mars bzw. dem Südosten zugeschrieben. Der Mittwoch gilt als zwei Tage.“ „Zwei?“, fragt Thorsten. „Ja, für Westler etwas schwer verständlich“, lacht Aung. „Aber wir Birmesen teilen den Mittwoch in den Mittwochvormittag als den Tag des Elefanten mit Stoßzähnen und den Mittwochnachmittag als den Tag des Elefanten ohne Stoßzähne. Der Mittwoch-Vormittag ist weiterhin dem Merkur und dem Süden zugeordnet. Mittwoch-Nachmittag ist dem mythischen Planeten Rahu und dem Nordwesten verbunden.“ „Wow, dann bin ich ein Mittwoch-Nachmittags-Elefant.“, ruft Lysann. „Dann müssen wir nachher aber gleich zum Elefantenschrein ohne Stoßzähne und den Buddha dort mit Wasser übergießen!“, lacht Thorsten. Aung: „Das Übergießen mit Wasser ist eine heilige Handlung, man spricht dazu Gebete. Wir reinigen uns symbolisch und huldigen unserem Sternzeichen, Wochentag, Planeten etc., was eine glückverheißende Handlung ist.“

„Jupiter beherrscht den Donnerstag und ist dem Sternzeichen Ratte und dem Westen zugeordnet,“ fährt Aung fort. „Das Sternzeichen Meerschweinchen gehört zum Freitag und ist der Venus und dem Norden verbunden. Der Schrein des Saturns, der im Südwesten steht, wird von den Samstaggeborenen verehrt. Naga, die mythische Drachenschlange, die Buddha beschützt, ist diesem Tag zugeordnet. Natürlich ist der Sonntag der Sonne zugeschrieben. Der Schrein steht im Nordosten und wird durch den mythischen Vogel Galon (Garuda) repräsentiert. Außerdem ist jedem Wochentag ein bestimmter Name zugeschrieben, dem Sonntag z.B. Aung.“ „Dann sind Sie ja ein Sonntagskind!“, meint Lysann. „Ja, genauso wie Aung San Suu Kyi, die Oppositionsführerin und Friedensnobelpreisträgerin,“ grinst der Mönch verschmitzt.

Ich habe gehört, daß den birmesischen Sternzeichen wie in der westlichen Astrologie gute und schlechte Eigenschaften zugeordnet sind. „Ja,“ stimmt Aung zu. „Galon steht z.B. für Kraft, aber auch für Geiz. Naga für Friede, Wohlstand aber auch für Streitsucht. Die negativen Eigenschaften müssen erkannt und in positive gewandelt werden. Das Meerschweinchen steht für Redseligkeit, Ratte für Güte, Elefant für Jähzorn, Löwe für Ehrlichkeit und Tiger für Eifersucht.“

Gebetshallen und Buddhas Gesten

Tazaung (Gebetshalle) mit Buddhas Bhumisparsha-Handhaltung (Erdberührungsgeste). Diese Geste erinnert an den Sieg Buddhas über Mara (Prinzip der Versuchung und des Todes). Als Zeichen seiner Standhaftigkeit berührt Buddha den Boden.  
Tazaung (Gebetshalle) mit Buddhas Bhumisparsha-Handhaltung (Erdberührungsgeste). Diese Geste erinnert an den Sieg Buddhas über Mara (Prinzip der Versuchung und des Todes). Als Zeichen seiner Standhaftigkeit berührt Buddha den Boden.  

Auch verschiedene Gebets- und Andachtshallen befinden sich auf der Plattform der Pagode. In der Konagamana-Gebetshalle stehen die ältesten Buddha-Statuen der Shwedagon. Gegenüber des Saturn-Zeichens sieht man die Tazaung der chinesischen Gemeinde mit den 28 bisher erschienenen Buddhas. Thorsten: „Wieso 28 Buddhas, ich weiß bisher nur von vier neuzeitlichen Buddhas.“ „Wir Buddhisten glauben daran, daß Buddha in verschiedenen Zeitaltern ingesammt schon 28mal inkarniert wurde,“ erklärt Aung. „Die meisten Westler kennen nur seine letzte Inkarnation als Gautama Buddha. Im jetzigen Weltzeitalter haben aber schon Kakusandha, Konagamana und Kassapa gelebt. In der Zukunft wird der fünfte Buddha Metteyya (Sanskrit: Maitreya) erwartet. Die anderen 24 Buddhas haben in anderen, früheren Weltzeitaltern gelebt.“

  Gebet im Tazaung
  Gebet im Tazaung

Die Buddhas werden mit verschiedenen Handhaltungen (Mudras) dargestellt. Die häufigste Handhaltung ist die Bhumisparsha-Mudra, die Erdberührungsgeste. Diese Geste erinnert an den Sieg Buddhas über Mara (Prinzip der Versuchung und des Todes). Als Zeichen seiner Standhaftigkeit berührt Buddha den Boden. Das Dharmachakra-Mudra erinnert an das Andrehen des Rades und die Verkündung der vier edlen Wahrheiten (Anerkennen des Leids und Weg aus dem Leid). Daumen und Zeigefinger bilden jeweils einen Kreis. Ist nur eine Hand erhoben, die mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis bildet, dann handelt es sich um das Virtaka-Mudra, welches an die argumentative Kraft von Buddhas Lehren erinnert. Beim Dhyana-Mudra sind die Hände zur Meditation in den Schoß gelegt und die Handflächen zeigen nach oben. Thorsten: „Wieso zeigt die Handfläche des Buddhas hier nach außen? Diese Haltung wirkt sehr unnatürlich“. „Damit wird an Buddhas Güte und Großherzigkeit erinnert.“, schmunzelt Aung.

Wir wandern weiter entlang der Plattform und besichtigen nacheinander die Rankhine-Tazaung (Händler aus Rankhine stifteten die Gebetshalle), die Tazaung der chinesischen Händler, die Two Piece-Tazaung (Händler des Surati-Marktes spenden täglich zwei Münzen) und die Tazaung des Kassapa-Buddhas. Es finden sich noch viele andere Tazaungs von unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppierungen.

Betelnuß und Teeblattsalat

Vorbei an unzähligen Devotionalienhändlern klettern wir die vielen Stufen der Plattform hinab zur Shwedagon Pagoda-Straße, um in eine typisch birmanische Teestube einzukehren. Dort werden neben chinesischen Tees verschiedene Spezialitäten, wie z.B. der fermentierte Teeblattsalat (Le-Pet Thouq), fritiertes Stangengebäck, Samosas, Teigtaschen und Bananenkuchen serviert. Aung ordert gleich chinesischen Tee, Le-Pet Thouq und ein paar andere Leckereien. „Die Teeblätter für den Teeblattsalat werden kurz aufgekocht und dann in Bambusrohren gepreßt und ca. ein halbes Jahr im Boden vergraben. Dort setzt dann der Fermentierungsprozeß ein“, erklärt Aung. „Die spinatähnlichen Teeblätter werden mit Nüssen, Sprossen, Garnelen, Knoblauch, Ingwer, Öl und Gewürzen gemischt, abgeschmeckt und fertig ist eine der wohlschmeckendsten Delikatessen Myanmars.“ Wir trinken den chinesischen Tee und lassen den Le-Pet auf unserer Zunge zergehen. In der Tat - er schmeckt lecker!

Betelnuss-verkäufer mit seinem Stand (li.), Lysann (m.) und Aung (re.)  
Betelnuss-verkäufer mit seinem Stand (li.), Lysann (m.) und Aung (re.)  

Aung erzählt uns von seinen Jugendjahren.: „Meine Eltern waren arm und mittellos und hatten sechs Kinder. So haben sie mich ins Kloster gebracht, damit ich wenigstens eine Ausbildung erhalte. Nachdem ich älter geworden war, begann ich mich wirklich für Buddhas Weg und seine Lehren zu interessieren. Deshalb bin ich geblieben. Jetzt nach rund 20 Jahren im Kloster habe ich fast den ganzen Palikanon (Ursprüngliche Lehre Buddhas in Pali geschrieben) erlernt und bilde selbst Novizen aus.“ „Ist es denn so einfach möglich, das Kloster zu verlassen und auszutreten, wenn man merkt, daß man ein anderes Leben führen will.“, fragt Lysann. „Ja natürlich, nach Rücksprache mit unserem Abt können wir gehen. Niemand wird gegen seinen Willen hier gehalten.“, antwortet der Geistliche. „Aung, wie gehen Sie als Mönch mit Leidenschaften um?“ „Ich versuche nichts im Übermaß zu tun, sondern den sogenannten Mittleren Pfad zu beschreiben. Ich vermeide Extreme und einen ausschweifenden Lebenswandel. Das heißt aber nicht, daß ich deswegen in Askese verfalle. Das hat Buddha schon ausprobiert!“, lacht Aung.

  Die Betelnußstückchen werden mit Kalk zur besseren Aufnahme der berauschenden Alkaloide vermengt und in spezielle Blätter eingerollt
  Die Betelnußstückchen werden mit Kalk zur besseren Aufnahme der berauschenden Alkaloide vermengt und in spezielle Blätter eingerollt

„Jetzt müßt ihr aber erst einmal Betel probieren“, fordert uns Aung auf. Er geht zu einem kleinen Stand nahe der Teestube und kauft eine Tüte mit sechs Betelnußpäckchen. Die Betelnußstückchen werden zur besseren Aufnahme der berauschenden Alkaloide mit Kalk vermengt und in spezielle Blätter eingerollt. Aung stopft sich gleich zwei Päckchen in seine Backen und gibt jedem von uns jeweils eines. „Ihr müßt langsam kauen und den Speichel nicht herunterschlucken, nur ab und zu ausspucken. Der Speichel kann sonst dem Magen schaden.“ Ich frage ihn, ob unsere Zähne und Lippen dann nicht rot werden und er entgegnet: „Nein nein, erst wenn Ihr viele Betelnüsse gekaut habt, färbt es den Mund und die Zähne rot.“ Wir alle verspüren nur eine geringe Wirkung. Die Zunge wird etwas pelzig und der Saft schmeckt sehr bitter. Das ist wohl der Grund, warum die Birmanen alle möglichen wohlschmeckenden Zusatzstoffe, wie z.B. Pfefferminze, Lakritz, Anis und Nelken mit in das Päckchen geben.

Wir haben von Aung in kurzer Zeit viel gelernt. Leicht berauscht verlassen wir die birmanische Teestube – unsere Gedanken gerichtet auf die Shwedagon, Buddha, den Mittleren Weg und natürlich auf unseren Betelnußmönch.

*

Besuch in einem birmesischen Dorf in Hsipaw (Nordmyanmar)  
Besuch in einem birmesischen Dorf in Hsipaw (Nordmyanmar)  

Dirk Ruppik ist freier Journalist und arbeitet vorwiegend in Asien zu den Themenbereichen Reise, Gesundheit und Wohlbefinden, Gesellschaft und Technik. Nach seinem Ingenieurstudium und einem Aufbaustudium zum China- und Südostasien-Experten war er mehrere Jahre als Redakteur und Chefredakteur für Magazine tätig.

Zudem ist er Qi Gong- und Tai Chi-Lehrer. E-Post: SL2SL@web.de

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