Hysterie und voreilige SchuldzuweisungenKAUKASUS-KOMMENTAR

Hysterie und voreilige Schuldzuweisungen

Moskau-Korrespondent Ulrich Heyden macht sich seine Gedanken über das Cui bono? – wem nutzt was? - in der Kaukasuspropaganda des Westens.

Von Ulrich Heyden

R ussische Panzer scheinen schon morgen in Estland und der Ukraine einzurollen. Dieser Eindruck drängt sich auf nach den Erklärungen aus Kiew, Tallinn und Tiflis, die von vielen in der EU  ungeprüft übernommen werden. Was heute im östlichen Europa über Russland gesagt wird, scheint in der aufgeheizten Situation nach dem Kaukasus-Krieg Wahrheitswert zu besitzen. Manche scheinen die Zeiten des Kalten Krieges mit den einfachen Schwarz-Weiß-Bildern geradezu herbeizusehnen, weil sie lieber in die Vergangenheit als in die Zukunft gucken und sich sperren, über eine Sicherheitsarchitektur von Paris bis Wladiwostok nachzudenken.

Russlands Erklärungen, man wolle keinen Kalten Krieg, wirken in dieser Hysterie wie die Worte eines notorischen Diebes. Mancher Vorschlag und manche Handlung des Westens heizen die Stimmung an, weil Russland das nur als Affront auffassen kann, eine „Nachbarschaftskonferenz“ für den Kaukasus ohne Russland, wie von Angela Merkel vorgeschlagen, immer mehr Nato-Schiffe im Schwarzen Meer - zu einem Manöver, wie es heißt.

Der Blick des Westens ist verengt. Über die Freudentänze der Kosovaren nach der Unabhängigkeit wurde in den Medien breit berichtet, von den Freudentänzen der Abchasen und Südosseten erfuhr man dagegen (fast) nichts. Ist es glaubwürdig, Medwedjew als Provokateur zu bezeichnen, Saakaschwili aber nicht für seinen Angriff auf Zchinwali zur Rechenschaft zu ziehen?

Warum fahren europäische Politiker nur nach Tiflis, nicht aber auch nach Suchumi und Zchinwali, um sich bei den Menschen vor Ort nach den Beweggründen für das Unabhängigkeitsstreben zu erkundigen? Der Donner, welcher nach Medwedjews „Ja“ zur Unabhängigkeit in den westlichen Hauptstädten ertönte, verdeckt, dass es in den europäischen Eliten auch Verständnis für das Unabhängigkeitsstreben der Osseten, vor allem aber der Abchasen gibt. Man erinnert sich: In der Ursprungsfassung des von Sarkozy ausgehandelten Sechs-Punkte-Waffenstillstands für Georgien war noch eine internationale Beratung über den Status der abtrünnigen Provinzen vorgesehen. Diese Formulierung wurde dann in einer zweiten, von Michail Saakaschwili unterschriebenen Fassung gestrichen. Wer profitiert von der aufgeheizten Stimmung?

Abenteurer wie Michail Saakaschwili und seine Unterstützer!

Kaukasus Russland

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