09.08.2023 13:11:56
GELESEN
Von Hans Wagner
Sie waren lange vor uns auf dem Planeten heimisch: die Bäume. Vor 380 Millionen Jahren begannen sie, ihre Wurzeln in die Erdoberfläche zu treiben. Sie zapften die Nährstoffe der aus Sternenstaub gebackenen Erdrinde an und holten Kohlendioxid aus der Luft, um es für ihren Stoffwechsel und ihr Wachstum mit Hilfe der Photosynthese in Zucker umzuwandeln. „Aus den einzelligen Lebewesen der Urmeere haben sich die Pflanzen als erste komplexe Lebensformen entwickelt“, teilt die Autorin mit. „Ihre Interaktion mit dem Licht der Sonne ermöglicht letztendlich das Leben auf diesem Planeten, so wie wir es heute kennen. Pflanzen nehmen das Licht der Sonne in ihren Energiekreislauf auf und wandeln es in der Photosynthese zu Sauerstoff, Zucker und Stärke.“
Bei dem äußerst komplizierten und noch nicht lange wirklich verstandenen Prozess der Photosynthese entsteht Sauerstoff, den der Baum in die Atmosphäre abgibt. Zusammen mit den sauerstoffproduzierenden Cyanobakterien in den Meeren haben Bäume uns die Atmosphäre zum Atmen geschaffen und den Boden, auf dem unsere Nahrung gedeiht. Sie wiesen mit ihren Wurzeln dem gesamten Edaphon, als die wir heute alle im Boden lebende Organismen mit einem Sammelbegriff bezeichnen, den Weg. Ihre Wurzeln sprengten die Erdkruste, ließen Wasser eindringen und Sauerstoff, womit die Erosion begann.
Renate Kauderer schreibt in ihrem neuesten Buch mit dem Titel „Heimische Bäume“: „Im Laufe der Zeitalter wandelten die Giganten der Pflanzenwelt das Antlitz der Erde mehr als jedes andere Lebewesen und prägten Völker und Kulturen.“
Völker und Kulturen gibt es erst seit etwa zehntausend Jahren, seit der neolithischen Revolution, in der der Mensch sesshaft wurde. Menschen existieren auf dem Planeten überhaupt erst ein paar hunderttausend Jahre. Hunderte Millionen Jahre vorher begannen die Baum-Giganten unsere Erde zu erschließen, sie mit ihren Leibern zu düngen und die Erdkruste fruchtbar zu machen.
33 heimische Bäume stellt Renate Kauderer vor. In ihren Baumporträts werden die botanischen Besonderheiten der einzelnen Arten beschrieben, aber auch Signatur und heilende Wirkung. Die Autorin führt den Leser auch ein in die meditative Welt der Baumwesen. Sie zeigt auf, was sich vom Baum für Räucherzeremonien eignet und wie man sie zelebriert. Blüten, Blätter, Rinden, Harze und Hölzer sind Räucherstoffe, die das Wesen des jeweiligen Baumes über ihre Duftbotschaft auf eindrucksvolle Weise erfahrbar machen. Alle vorgestellten Bäume werden auch im Foto gezeigt.
Es ist „ein stimmungsvolles Buch mit einer Fülle an Informationen, das Sie auf eine spannende Reise in die Welt unserer heimischen Bäume führt“, schreibt der Verlag. „Seit Urzeiten sind Menschen von Bäumen fasziniert. In vielen Kulturen sind sie als Weltenbaum ein Spiegel der kosmischen Ordnung. In alter Zeit waren sie Symbole für die Anwesenheit göttlicher Weisheit, repräsentierten Kraft, boten Schutz und schenkten heilende, medizinische Substanzen.“ Der Bogen spannt sich vom Ahorn, dem Symbol für Kreativität, bis zur Zirbelkiefer, die für Geborgenheit steht. Die Autorin breitet das vergessene Wissen aus, das frühere Generationen noch besaßen – und sie erläutert den praktischen Nutzen der grünen Giganten für die Gegenwart mit Forschungsergebnissen, die eine erstaunliche Kommunikation der Bäume mit ihrer Umwelt belegen.
*
Rezension zu „Heimische Bäume: Ihr Wesen erkennen und ihre Botschaft verstehen“ von Renate Kauderer, Print Verlag 2014, 276 Seiten, reich bebildert, 19,00 Euro, ISBN-13: 978-3950375800.
09.08.2023 13:11:56
29.07.2023 10:14:12
13.01.2023 14:10:35
08.07.2022 17:15:55
18.05.2022 09:35:41
14.05.2022 12:09:22
11.04.2022 14:21:21
19.03.2022 10:08:25
16.07.2021 13:38:36
22.03.2021 21:36:33