09.08.2023 13:11:56
GELESEN
Von Hans Wagner
m besser zu sehen, besteige die Berge - bewunderst du die Platane, so verneige dich vor ihren Wurzeln.“ Diese Weisheit der Alten, der Aksakale, der Sippenältesten Usbekistans steht als Leitmotiv über dem Buch von Jan Balster. „Begegnen und verneigen wir uns vor den Menschen, die wir im Land der Märchen erleben“, schreibt er im Vorwort zu seinem Buch.
Auf den 120 Seiten sind eindrucksvolle Aufnahmen von Menschen und ihrem Alltag in dem zentralasiatischen Land zu sehen. „Zwei Männer aus Taschkent“ und „Die Seidenweberinnen“ heißen die Einführungskapitel.
Die Seidenraupenzucht und die Seidenweberei sind uralte Fertigkeiten, die Jan Balster seinen Lesern nahebringt. Im wahrsten Sinne des Wortes „hautnah“ geht es darin zu. Er lässt Lilija erzählen, wie sie mit den kostbaren Seidenraupen umgeht. Die Aufzucht beginnt im April. Zu diesem Zeitpunkt kaufen die Frauen Raupeneier für ihren kleinen Familienbetrieb bei den Bauern. Für sie ist die Seidenraupenzucht zu einem lebensnotwenigen Nebenverdienst geworden, seit ihre Felder und Grundstücke wie vor der Oktoberrevolution 1917 wieder den Beys, den Großgrundbesitzern gehören. Lilija sagt: „Für gewöhnlich kaufen wir acht bis zehn Gramm der kostbaren Raupen. Die stecken wir in kleine Schachteln, nicht größer als eine Streichholzschachtel. Die klemmen wir dann unter unsere Achselhöhlen. An der Luft ist es viel zu warm, da würde der Wurm zu früh schlüpfen.“
Wenn die Raupen da sind, müssen alle zusammenhelfen, um sie großzuziehen. „Da schleift selbst unser dreijähriger Arkin die Zweige des Maulbeerbaumes durch das Wohnzimmer“, berichtet Lilija. Deren Blätter sind die einzige Nahrung, welche der mehlweiße Seidenwurm annimmt. Bis zu 30-mal täglich muss er gefüttert werden. Und frisch müssen die Blätter sein. „Die holen wir von weit her. Die wenigen Bäume in unserem Garten reichen nicht aus“, erzählt die Großmutter: „Die Raupe frisst und frisst. Der Hunger ist kaum zu stillen. Sogar in der Nacht muss einer von uns raus. Das geht so 20 bis 30 Tage bis Mitte Mai. Dann hat der Wurm keine Lust mehr und häutet sich.“
Die Menschen in Usbekistan haben sich eingerichtet und arrangiert mit den Umständen. Nach einer Periode des radikalen Umbruchs und der Unsicherheit, haben sie es sich in ihrem Land, gewissermaßen „gemütlich gemacht“, wie Balster es schildert.
Mit dem Kasachstan-Express fuhr der Autor in die Machalla (nachbarschaftliche Selbstverwaltungsorganisation) der Seiden- und Teppichweber in Buchara und begleitete zwei Grenzer durch die Wüste Karakum, wobei diese auf Opiumhändler trafen.
Jan Balster, Jahrgang 1974, arbeitet als freier Bild- und Reisejournalist und Autor für in- und ausländische Zeitungen, Zeitschriften und Verlage. Er lebte mit Clochards und Wanderarbeitern in Frankreich, in englischen Obdachlosenasylen, mit türkischen Gastarbeitern in London und tingelte als Straßenmusiker durch Irland. Balster arbeitete als Weinleser, Fahrradkurier und Tellerwäscher, traf Fremdenlegionäre, IRA-Sympathisanten, Schiffs- und Flugkapitäne. Während er anfangs mit dem Fahrrad unterwegs war, reiste er 1998 zu Fuß und ohne Geld 3.100 km von Dresden, via Mittelmeer nach Irland. Heute ist er mit Verkehrsmitteln unterwegs, die auch die Einheimischen benutzen: zu Pferd, als Tramp, mit Bus und Bahn.
„Als Globetrotter sucht er das Authentische im Land und in den Menschen“, schrieb die Sächsische Zeitung über ihn. Einen „echten Weltenbummler“ nannte ihn die Dresdner Morgenpost.
Den Lesern des Eurasischen Magazins ist er seit den ersten Ausgaben bekannt. Viele Bildberichte verdanken wir dem Abenteurer, der die Menschen sucht.
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Rezension zu „Usbekistan: Reportagen aus dem Land der Märchen“ von Jan Balster, Books on Demand, erste Auflage August 2012, 120 Seiten, Format 16,8 x 16,8 x 1 cm, 9,99 Euro, ISBN-13: 978-3848218264.
Informationen zu Jan Balster: www.auf-weltreise.de.
Rezension Usbekistan Zentralasien
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