09.08.2023 13:11:56
CHINA
Von Hans-Joachim Hoppe
Konfuzius, traditionelle Darstellung aus der Tang-Zeit. |
nders als früher tritt das moderne China heute im Ausland nicht mehr mit Mao-Parolen oder überholten kommunistischen Lehren auf, sondern mit uralten Erfahrungen Asiens, die es dem Westen schmackhaft macht. Man will es ja kaum glauben, aber wenn der chinesische Staatspräsident Xi Jinping oder sein Premier Li Keqiang in der Welt herumreisen, dann werden politische, militärische und Wirtschaftsabkommen schon fast zur Nebensache: in die Fülle hochlukrativer Verträge schmuggeln die beiden hohen Repräsentanten des „Reichs der Mitte“ nämlich Verpflichtungserklärungen zur Förderung der traditionellen Medizin und zur Gründung neuer Konfuzius-Institute ein. So geschah es z.B. im Laufe des vergangenen Jahres auf mehren Rundreisen der chinesischen Staatsführer durch Eurasien. Mit seiner Mission will China auch gegen die drei „Übel“ in der Welt vorgehen: Terrorismus, Separatismus und Fundamentalismus! (Siehe „Unruhen in Xinjiang: Anzeichen für gravierende Probleme in Chinas „harmonischer Gesellschaft“, von Nadine Godehardt, GIGA, German Institute of Global and Area Studies/Institut für Aseinstudien).
So am 13. September 2013 in Kirgisiens Hauptstadt Bishkek. Am Rande des 13. Gipfels der Shanghai-Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), die 13 wichtigen Wirtschafts- und Sicherheitsfragen gewidmet war, kam China zur Sache. Es schüttete im Rahmen eines langfristigen Drei-Milliarden-Programms zur Wirtschafts- und Investitionsförderung ganz nebenbei den treuen Kirgisen Mittel in Höhe von 400 Millionen Dollar zur Förderung der traditionellen Medizin aus. Es geschah im Zeichen einer dreifachen chinesischen Glückszahl 13, und dürfte wohl von Erfolg gekrönt sein.
Zwischen dem kirgisischen Gesundheitsministerium und der Pekinger Staatsverwaltung für traditionelle chinesische Medizin wurde eine enge Kooperation auf dem Gebiet der Medizin vereinbart, wie auf der Netzseite der Staatlichen Abteilung für traditionelle chinesische Medizin (State Administration of Traditional Chinese Medicine) mit ihrem Direktor Guoqiang Wang nachzulesen ist.
Zur Umsetzung der Vereinbarung schloss das kirgisische Staatsunternehmen „Kyrgyzdipservice State Enterprise“ mit der „Chinesischen Assoziation zur Förderung der traditionellen Medizin“ im Rahmen der hochpolitischen Shanghai-Organisation ein entsprechendes Kooperationsabkommen. Dieses sieht u.a. die Gründung einer Spezialklinik für chinesische Volksmedizin – das „Center of Traditional Chinese Medicine“ im Tschüi Distrikt nahe dem Issyk-Kul-See im Norden Kirgisiens vor. Die Ortswahl ist kein Zufall: der Issyk-Kul ist mit 6.200 Quadratkilometern und seiner Lage im bis zu 7.000 Meter hohen Tianshan-Gebirge der zweitgrößte Gebirgssee der Erde. Der Name bedeutet zu Deutsch „heißer See“. Ihm werden wegen der heißen Quellen, die ihn speisen, heilende Kräfte nachgesagt. Zudem liegt Kirgisien selbst im Zentrum Eurasiens an der Grenze zu China und nicht weit von den Provinzen Sinkiang und dem „heiligen Tibet“!
Das derart ideal positionierte Klinikum dient der Erforschung, Züchtung und Auswahl von Heilpflanzen und ihrer Anwendung zur Behandlung der Bevölkerung, die sich größtenteils teure Behandlungen der westlichen Schulmedizin nicht leisten kann und außerdem deren schädlichen Risiken und Nebenwirkungen entgehen will. Insbesondere werden Massagen, Akkupunktur und andere traditionelle Therapien angeboten. Heilung durch Klänge, Meditation und mystische Rituale gehören auch dazu. Beide Seiten wollen geeignetes Bauland für das Klinikprojekt aussuchen und die nötigen Zulassungsdokumente vorbereiten. Zudem wurden in einem Memorandum ein Erfahrungsaustausch sowie die Ausbildung kirgisischer Spezialisten vereinbart: Siehe „Chinese medicine research and development association, international acupuncture cooperation“ und „China Association of Traditional Chinese Medicine (CATCM)“.
Die staatliche Förderung der traditionellen Medizin durch China und Kirgisien ist kein Einzelfall: Turkmenistans Präsident Gurbanguly Berdimuhamedow, selbst ein Zahnmediziner und Pferdenarr, hat sogar Bücher zur traditionellen Medizin geschrieben - insbesondere über die Verwendung einheimischer Kräuter. Die Bewohner spotteten, dass er sich wohl für seine Bevölkerung ein teures Gesundheitssystem ersparen wolle. Siehe „Turkmen President's New Book On Herbal Remedies Unveiled“, RFE/RL, 3. September 2013 .
Zur Förderung des chinesischen Einflusses im Ausland dienen im Kultursektor die Konfuzius-Institute, die chinesische Sprache, Kultur und offizielle Denkweise vermitteln. Ihre Zentrale befindet sich in Peking.
Das erste Konfuzius-Institut in Zentralasien wurde 2005 in Usbekistans Hauptstadt Taschkent gegründet. Dort lernen inzwischen über 400 Studenten, darunter viele Manager und junge Beamte, chinesische Sprache und Kultur. Weitere Institute sind in Usbekistan und den Nachbarländern geplant. Chinesisch ist in Zentralasien in Anbetracht der groß angelegten Handels- und Investitionsoffensive der Pekinger Führung im Kommen. Immer mehr Universitäten und Sprachschulen bieten Chinesischkurse verbunden mit einem Studentenaustausch und einem Angebot an Lehrgängen in China an, denn China-Kenntnisse eröffnen den Studienabsolventen bei der schwierigen Arbeitsmarktsituation neue Perspektiven, in der Regierung, an Hochschulen oder in großen Unternehmen Beschäftigung zu finden. Nach einem EU-Bericht zur Strategie gegenüber Zentralasien wird prognostiziert, dass in den zentralasiatischen Ländern die Oberschicht bis 2030 vorzugsweise in Englisch oder Chinesisch kommunizieren wird - und nicht mehr wie bisher als Folge der Jahrzehnte währenden Sowjetherrschaft in Russisch. Auch die einheimischen Turksprachen, die nicht einmal die führenden Politiker beherrschen, werden als Sprachen des einfachen Volkes ungern benutzt.
In Aserbaidschan gibt es nur ein Konfuzius-Institut, das 2011 den Betrieb aufnahm und formal der Universität Baku angeschlossen ist. Weitere Gründungen sind in dem gas- und ölreichen Kaukasusland, das auch nach China exportiert, zu erwarten.
Weltweit gibt es inzwischen 440 Konfuzius-Institute und Konfuzius-Klassen in 120 Ländern mit ca. 850.000 Studenten.
Obwohl nach dem Vorbild der deutschen Goethe-Institute, British Councils und Französischen Kulturinstitute geschaffen, sind die Konfuzius-Institute wegen ihrer Anbindung an die Ideologie und Politik der chinesischen KP nicht unumstritten. Insbesondere werden ihre Harmonielehre und die Feindschaft gegen jeglichen Dissens scharf kritisiert. Auch ihre Integration in die Universitäten des Auslands, insbesondere in die Sinologie-Sektionen, wo sie aufgrund ihrer Staatshörigkeit eher einen Fremdkörper und ein Vehikel chinesischer Interessen bilden, erscheint manchem bedenklich.
In einigen Ländern wurden die Konfuzius-Institute im Hinblick auf die Verfolgung von Dissidenten in China, darunter der Falun Gong-Sekte, die außerhalb Chinas vor allem in den USA und Kanada sehr rührig ist, verboten. Andere sehen die Tätigkeit der Konfuzius-Institute gelassener und verweisen auf ihre Schlüsselrolle zur Vorbereitung auf ein Studium in China, zur Auseinandersetzung mit der chinesischen Kultur und zum weltweiten Studentenaustausch. Siehe World Wide Confucius Institutes.
Das erste Konfuzius-Institut in Deutschland wurde am 27. April 2006 an der Berliner FU feierlich eröffnet. Das Eurasische Magazin berichtete seinerzeit: „Namensgeber der Einrichtung ist der chinesische Philosoph Konfuzius (551-479 v. Chr.). Das Institut wurde von der „Nationalen Staatlichen Leitungsgruppe für Chinesisch als Fremdsprache“ der Regierung der Volksrepublik China initiiert. Die Gründung des Konfuzius-Institiuts in Berlin erfolgte in Kooperation der Freien Universität Berlin mit der Peking-Universität.
Das Konfuzius-Institut wird eng mit der Fachrichtung Sinologie am Ostasiatischen Seminar der Freien Universität zusammenarbeiten. Zu den Aufgaben des Instituts zählen die Förderung der Kenntnis chinesischer Kultur, insbesondere die Vermittlung chinesischer Sprachkenntnisse, die Pflege der chinesisch-deutschen Zusammenarbeit auf akademischer Ebene, sowie die Förderung chinabezogener Projekte im Wissenschafts- und Kulturbereich.
Neben aufeinander aufbauenden Konversations- und Sprachkursen des modernen Hochchinesisch soll das vielseitige Programmangebot des Konfuzius-Instituts an der Freien Universität Berlin auch einen Kurs zur Vorbereitung auf die international anerkannte Sprachprüfung „Hanyu Shuiping Kaoshi“ (HSK) umfassen. Veranstaltungen für die Lehrerfortbildung, interkulturelle Trainingsseminare, Seminare und Workshops zu speziellen Themen wie der Traditionellen Chinesischen Medizin und der chinesischen Kalligraphie und Malerei ergänzen das Angebot.
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