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GELESEN
Von Eberhart Wagenknecht
„Die fünf Weltreligionen" von Helmuth von Glasenapp, Diederichs Verlag (Sonderausgabe) |
ie fünf großen Religionen scheiden sich in zwei Gruppen: in solche, die östlich und solche die westlich vom Hindukusch entstanden sind“, schreibt Helmuth von Glasenapp, in seinem Weltbestseller, dem Standardwerk über die fünf Weltreligionen. Er teilt sie ein in die „Religionen des ewigen Weltgesetzes“, die sich östlich des Hindukusch entwickelt haben und in solche der „geschichtlichen Gottesoffenbarung“, die westlich des Gebirgszugs entstanden sind.
Die östlichen Religionen sind der Hinduismus, der Buddhismus und der chinesische Universismus (Taoismus und Konfuzianismus). In ihnen ist die Welt ewig, ohne Anfang und ohne Ende. Sie erneuert sich unaufhörlich.
Die westlichen Weltreligionen sind das Christentum und der Islam. Sie sehen beide den Kosmos und seine Bewohner nur durch das Wirken eines unendlich überlegenen persönlichen Gottes ermöglicht, der alles aus dem Nichts ins Dasein gerufen hat. Und der es dann, wenn die Zeit sich erfüllt hat, wieder untergehen lassen wird.
Mit diesem Buch versteht der interessierte Laie, wie sich die einzelnen Religionen voneinander unterscheiden und worin sie ihre Besonderheiten haben. Das Buch ist keine Anleitung zur Religionsausübung. Es ist eine objektive Analyse, die vor allem Information vermittelt.
Mitten durch den eurasischen Kontinent, im Gebiet des heutigen Afghanistan, wo die Gebirgsmassive des Hindukusch liegen, zieht sich die Religionsscheide. Die aggressiven, erobernden Religionen finden sich im Westteil Eurasiens. Die Religionen des Ostens scharen ihre Anhänger eher friedlich um sich und verzichten im Großen und Ganzen auf Missionierung – mit oder ohne Gewalt.
Sowohl im Christentum als auch im Islam gibt es dagegen den Missionsauftrag. Bekannt sind das moslemische Gebot, den Glauben notfalls mit Feuer und Schwert auszubreiten, auch wenn dies im Koran nicht ausdrücklich gefordert wird, und der christliche Missionsauftrag des „Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Er geht zurück auf den Evangelisten Markus im Neuen Testament der Bibel, Kapitel 16, Vers15.
Die Entstehungsgeschichte der fünf Weltreligionen liegt zeitlich verhältnismäßig nahe beieinander. Zwar fußen alle auf älteren Überlieferungen, die als Vorläufer dienten, aber zu religiösen Gemeinschaften mit verbindlichen Lehren entstanden vier von ihnen binnen weniger Jahrhunderte.
Der Hinduismus mit seiner Lehre vom Karma entwickelte sich in Indien, etwa im 8. vorchristlichen Jahrhundert. Zwei Jahrhunderte später etablierte sich ebenfalls in Indien die Lehre Buddhas. Seine Zeitgenossen Laotse und Konfuzius prägten parallel dazu in China den chinesischen Universismus. Aus dem Judentum heraus entwickelte sich die christliche Religion, die sich zunächst im römischen Reich und später in der ganzen Welt verbreitete. Sie beruft sich auf die Geburt des Jesus von Nazareth im Jahre Null, womit gleichzeitig die neue abendländische Zeitrechnung markiert ist.
Im Standardwerk Glasenapps wird auf eine eigene Darstellung der jüdischen Religion verzichtet. Sie wird lediglich bei der Darstellung der „Religionen der geschichtlichen Gottesoffenbarung“ in einem Unterabschnitt behandelt unter dem Stichwort der „geschichtlichen Voraussetzungen“. Aber man erfährt als Leser durchaus, wie sich das Verhältnis „der jüdischen und antiken (hellenistischen) Komponente innerhalb des Christentums“ im Laufe der Zeit verändert hat: „Die neue Religion entstand in Palästina, ihr Begründer und seine ersten Anhänger waren Juden und kannten nichts anderes als die jüdische Geisteswelt. Aber schon bald nach Christi Tod begann die junge Kirche in steigendem Maße Heidenmission zu betreiben, sich der griechischen Sprache zu bedienen und antike Gedanken in sich aufzunehmen und zu verarbeiten. Dieser Prozess setzt sich dann während der ganzen Folgezeit fort, so dass die Kirche zur Zeit ihrer höchsten Blüte in ihren Lehren und Riten stärker von antiken als von jüdischen Ideen bestimmt erschien. Die Reformation hat, indem sie viele der antiken Elemente als ‚heidnisch’ auszuscheiden suchte, wieder die jüdischen Bestandteile mehr in den Vordergrund gerückt.“
Rund 600 Jahre nach der ersten religiösen Gründerzeit entstand durch den Propheten Mohammed im arabischen Raum der Islam. Er ist seither in Eurasien der Gegenspieler des Christentums. In blutigen Kriegen hat die christliche Kirche den Islam immer wieder zurückgedrängt und bis auf den heutigen Tag besteht die Feindschaft zwischen den beiden Religionen der Gottesoffenbarung fort, die beide auch „Buchreligionen“ sind und mit dem Judentum verwandt.
Alles in Allem sind Eurasiens Götter die weltweit erfolgreichsten aller Zeiten. Ihre Lehren haben die Welt erobert. Die fünf großen Welt-Religionen kommen alle aus Eurasien. 90 Prozent der religiösen Weltbevölkerung gehören ihnen heute an.
Dem Autor Helmuth von Glasenapp wurden in Asien ebenso wie in Europa hohe Ehren zuteil. Besonders in China und Indien wurde er zeitweise geradezu verehrt. Glasenapp (1891-1963) war Professor für Indologie, beherrschte Hindi und Persisch. Er lehrte vergleichende Religionswissenschaften in Bonn, Berlin, Königsberg und Tübingen. Für seine Veröffentlichungen und seine Mittlertätigkeit auf dem eurasischen Kontinent zwischen Ost und West wurde er mit zahlreichen Titeln und Auszeichnungen bedacht.
Ausgesprochen leserfreundlich sind das umfangreiche Personen- und Sachregister sowie die „Vergleichende Übersicht über Lehre und Brauchtum der fünf Religionen“ und die „vergleichende Zeittafel“. Sie runden das Buch als unentbehrliches Nachschlagewerk ab und ermöglichen jederzeit die schnelle Orientierung, historisch und sachlich.
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Rezension zu: „Die fünf Weltreligionen" von Helmuth von Glasenapp, Diederichs Verlag (Sonderausgabe), München 2005, 480 Seiten, ausführliches Namens- und Sachregister, Zeittafel, 8,95 Euro, ISBN: 3-720-52655-0
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