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FENG SHUI
Von EM Redaktion | 24.04.2016
Feng Shui bedeutet wörtlich gesehen „Wind und Wasser“. Der Begriff beruht auf einem Satz aus dem sogenannten „Buch der Riten“. Dieser Verhaltenscodex geht zumindest in Teilen auf Konfuzius zurück, den Begründer der bedeutenden politisch-kulturellen Strömung Chinas, die der Westen als Konfuzianismus kennt. Die alten Chinesen verehrten Konfuzius, eigentlich Kong Qiu, der im 6./5. Jahrhundert v. Chr. gelebt haben soll, in einem eigenen Kult. Das „Buch der Riten“ entstand wohl erst Jahrhunderte nach Konfuzius bzw. wurde von dem daoistischen Gelehrten Guo Po um 300 n. Chr. erweitert. Jedenfalls ist darin davon die Rede, dass das sogenannte „Qi vom Wind zerstreut wird und am Wasser zum Halt kommt“.
Statue des Konfuzius vor seinem Tempel in Beijing.
Mit „Qi“ oder auch „Chi“ ist dabei vor allem die Luft, aber auch der Atem, die Energie, Emotion und vieles andere gemeint. Diese elementare Lebenskraft ist ein wesentlicher Bestandteil des Daoismus, zugleich der chinesischen Medizin und mehrerer Kampfkünste wie etwa dem Aikido oder der Shaolin-Mönche. Über esoterische Lehrmeinungen und auch in verschiedene religiöse Vorstellungen eingegangen, nimmt es seit dem 19. Jahrhundert, verstärkt jedoch seit etwa 40 Jahren, in oft abgewandelter Form auch auf die westliche Welt Einfluss. Hierzulande recht bekannt geworden ist auch das Meditation und Bewegung vereinende Qigong, die sogenannte „Arbeit am/mit dem Qi“, die darauf abzielt, den menschlichen Körper zu stärken und zugleich in Ausgleich zu bringen.
Die alten Chinesen verstanden unter Qi die alles Existierende in konstanter Weise durchdringende Kraft, aus der das gesamte Universum hervorging und besteht. Diese besitzt weder Körper noch Geist und vereinte ursprünglich Yin und Yang – dunkle Erde und heller Himmel – in sich, bevor beide getrennt wurden, trotz ihrer Gegensätzlichkeit zusammengehören und in deren Mitte und Wechselspiel der Mensch fortan steht. Diese mit rationalen Mitteln nicht erklärbare Kraft hat seine Entsprechungen in etlichen Kulturen, zum Beispiel im klassischen Pneuma, dem südostasiatischen Mana, auch dem germanischen Wurd – im Allgemeinen in der Kraft, die auch für die Vorstellung davon, ein Schicksal zu haben, verantwortlich ist.
Um auf Feng Shui zurückzukommen, bedeutet der Satz aus dem „Buch der Riten“, dass das Qi vor Winden zu schützen und durch Wasser zu steuern ist. Mit diesen und anderen Elementen sieht sich der Mensch konfrontiert, hat aber verschiedene Möglichkeiten, im Sinne des Daoismus, worauf das hier detailliert beschriebene Feng Shui basiert, für Harmonie zu sorgen.
Qigong – die „Arbeit am Qi“, ein Bewegungs- und Entspannungsform.
Der Daoismus, unter anderem auch Taoismus genannt, ist eine altchinesische Harmonielehre, Philosophie und zugleich Religion, deren Trennung voneinander seit jeher für Diskussionen sorgt und insgesamt fraglich ist. Im Allgemeinen gilt die Religion als die Ausübung der theoretischen Vorstellungen des Daoismus. Obwohl sie tatsächlich verschiedene Anschauungen oder Strömungen, darunter auch den Buddhismus oder uralte schamanistische Traditionen, in sich vereint, beruht diese komplexe Welt- und Lebensauffassung angeblich hauptsächlich auf einer Spruchsammlung, dem sogenannten „Daodejing“. Unter diesem Titel war diese seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. bekannt und erhielt im Laufe der Zeit verschiedene Fassungen. Das „Daodejing“ ist eins der am häufigsten übersetzten literarischen Werke der Menschheitsgeschichte.
Diese den Daoisten heilige Friedens- und Harmonielehre schreiben jene dem historisch umstrittenen Weisen Laotse/Laozi zu. Der Name bedeutet „Altmeister“ und bezeichnet einen mit Ehren überhäuften Titel, weniger einen individuellen Namen. Der Legende nach soll Laotse im 6. Jahrhundert v. Chr. gelebt und als kaiserlicher Bibliothekar gearbeitet haben. Angeblich erteilte er sogar Konfuzius Unterricht. Zusammen mit Buddha, dessen Lehre im 2. Jahrhundert n. Chr. in China im Umlauf kam, gelten Laotse und Konfuzius als die Schöpfergestalten der Drei Lehren, die vor allem, aber nicht ausschließlich die chinesische Kultur geprägt haben. Um den Gewalttätigkeiten seiner Zeit zu entgehen, zog sich Laotse später – wie zahlreiche seiner späteren Anhänger – aus dem Leben in der Zivilisation zurück und verfasste das „Daodejing“ als eine Art politisch-persönlicher Leitfaden für die Wächter seines Heimatlandes.
Im Himmelstempel in Beijing beteten unter anderem die Kaiser der Ming-Dynastie für gute Ernte.
Unter „Dao“ verstehen Daoisten nach Laotse ein alles entscheidendes Urprinzip, das im Ganzen sowie im Einzelnen existiert. Der Gläubige kann jedem Dao nur durch Intuition, nicht durch Kalkül begegnen. Er hat zugleich zu akzeptieren, dass – ähnlich wie bei der Auffassung des Griechen Heraklit von panta rhei = „alles fließt“ – alles im Wandel ist, er sich ferner anzupassen, die Dinge im Allgemeinen geschehen zu lassen hat und sich keinesfalls gegen das Dao stellen sollte. Nur dadurch gelangt der Weise auf mystischen Wegen zu Gleichmut, genau zwischen Yin und Yang stehend, zum Einklang mit den Naturkräften sowie zu unendlicher Glückseligkeit. Darin kommt das Wunschdenken von Unsterblichkeit, das auch die Daoisten prägte, zum Ausdruck.
Wann genau der Daoismus sich als eigene Religion etablierte, ist unklar. Als solche belegt ist er jedoch für den Beginn des 3. Jahrhunderts n. Chr., als Cao Cao, der einen Großteil Chinas beherrschte, die sogenannten Tempel der Himmelsmeister legitimierte. Diese daoistische Bewegung hatte der Himmelsmeister Zhang Daoling begründet. Sie war – bei aller idealisierter Zurückgezogenheit – bereits frühzeitig politisch dermaßen aktiv, dass sie vorübergehend einen eigenen chinesischen Teilstaat bildete und auch später großen politischen Einfluss auf die Kaiser ausübte. Der Himmelsmeister-Daoismus verehrte Laotse als eine ihrer insgesamt eher abstrakten als personifizierten Gottheiten. Als hochprofessionelle Institution mit langjährig ausgebildeten Priestern mit diversen Funktionen und Dienstleistungen existiert der Himmelsmeister-Daoismus – auch Zhengyi genannt – noch heute. Er erhält nach langer Zeit der Unterdrückung und des Vorwurfs des Aberglaubens seit einigen Jahren wieder regen Zulauf.
Wie bereits angedeutet wurde, kann Feng Shui als die traditionelle chinesische Kunst, Lebensräume so zu gestalten, dass der Mensch in ihnen harmonisch existieren kann, beschrieben werden. Im ursprünglichen Sinn gelingt dies, indem die Luft- und Wassergeister unter Kontrolle – ausgeglichen – werden. Im alten China kam es vor allem darauf an, den Ahnenkult und somit konkret die Grabstätten der verstorbenen Familienmitglieder zu pflegen. In Verbindung damit gestalteten die Chinesen frühzeitig auch Park- und Gartenanlagen unter verschiedensten Vorgaben, die sich manifestiert hatten und Harmonie versprachen.
Damit das omnipräsente Qi auch im Alltag und innerhalb einer größeren Gemeinschaft ungehindert fließen konnte, hielten die alten Chinesen es für notwendig, die Inneneinrichtungen der Häuser sowie ganze Siedlungen und Städte im Sinn des Daoismus zu gestalten und diese auf die sie umgebende Landschaft auszurichten. Insgesamt galt und gilt es, nicht nur die Yin-und-Yang-Lehre, sondern vor allem auch die von den fünf Elementen – Feuer, Erde, Metall, Wasser und Holz – zu berücksichtigen. In allen fließt das Qi und kann auf spezielle Weise gefördert oder aber gehindert werden.
Die 5-Elemente-Lehre bringt das Feuer, die Erde, das Metall, das Wasser und das Holz miteinander in unlösbare Verbindung.
Nicht nur in China, Hongkong oder Taiwan – auch in der westlichen Welt legen so manche Bauherren Wert darauf, ihren jeweiligen Wohnraum nach den Richtlinien des Feng Shui einrichten oder mitunter sogar erbauen zu lassen. Nicht selten nehmen sie dafür die Unterstützung eines speziellen Beraters in Anspruch. Ziel ist, dass dieser erkennt, wie das Qi im nächsten Umfeld des entsprechenden Objekts optimal fließen kann, wo aktive Zonen (Yang), wo Ruhezonen (Yin) zu berücksichtigen sind. Dies führt wiederum in daoistischer Tradition zu Harmonie, Gesundheit und Erfolg der Bewohner. Die Richtlinien sind sehr komplex und folgen vor allem, aber nicht ausschließlich
Über den Kreislauf der fünf Elemente sowie die anderen genannten Richtlinien können sich Interessierte hier informieren.
Die 5-Elemente-Lehre bringt das Feuer, die Erde, das Metall, das Wasser und das Holz miteinander in unlösbare Verbindung.
Dass sich die traditionellen Methoden mit westlichen, mitunter esoterischen „Normen“ vermischen, ist ein Hauptgrund dafür, dass Berater vermeintliche Vorgaben machen, die ganz und gar nicht im Sinn des klassischen Feng Shui sind. Sie mögen unter anderem neuen Einflüssen wie dem westlichen Neo-Feng-Shui folgen, das auf den Großmeister Lin Yun zurückgeht, der die Strömung vor 30 Jahren in Kalifornien begründete: Neo-Feng-Shui berücksichtigt im Gegensatz zum klassischen Feng Shui keine Himmelsrichtungen und berührt auch nicht die eigentliche Baumaßnahme des Gebäudes. Es konzentriert sich vielmehr auf die Farbgebung und die Einrichtung des Hauses nach dem Haupteingang. Auf die hier zahlreich zum Einsatz kommenden Utensilien, die das Qi beflügeln sollen, zum Beispiel Kristalle und Windspiele, verzichtet das urtümliche Feng Shui. Diese sind im herkömmlichen Sinn unnötig, da es beim Feng Shui darum geht zu spüren und nicht zu sehen.
Anhänger der einen oder anderen Lehre laufen wegen der zahlreichen Einflüsse Gefahr, verfälschten Weisheiten, besser: einem ungewollten Mischmodus Folge zu leisten. So kann es auch beim Bau eines Privat-, Geschäfts- oder auch Schulgebäudes beispielsweise vorkommen, dass der beauftragte Feng-Shui-Berater Mythen aus dem Bereich des Feng Shui aufsitzt, die also ganz und gar nicht der Tradition entsprechen.
„Fehlkonstruktionen“ verstärkt die Tatsache, dass der Titel „Feng-Shui-Berater“ nicht geschützt ist und verschiedene Feng-Shui-Institute ihre Zertifikate mitunter bereits nach einigen Seminarstunden an die glücklichen Teilnehmer vergeben. Bei der Auswahl eines Beraters sollten sich Bauherren aus diesem Grund über dessen bereits betreute Objekte informieren. Dass dazu sogar ein ganzer Park gehören kann, belegt der Feng-Shui-Kurpark im bayerischen Lalling. Über Feng-Shui-Regeln und deren gezielte Wirkung in den eigenen vier Wänden informiert dieser Beitrag.
Nicht nachweisbare Kräfte wie der von globalen Energie-Linien geben so manchen Naturwissenschaftlern Anlass zur Kritik, unter anderem an Feng Shui.
Im Zusammenhang mit Feng Shui fällt oft der Begriff „Geomantie“ bzw. „Geomantik“. Es handelt sich ursprünglich um die orientalische Kunst, aus Zeichen in der Erde oder im Sand wahrzusagen. Sie gelangte im Hochmittelalter durch Übersetzungen arabischer Werke und womöglich über Spanien nach Europa, wo sie sich zu einer beliebten Wahrsagekunst entfaltete. Die arabische Geomantie fand auch in Madagaskar weite Verbreitung. Sie ist dort noch heute als Sikidiy-Methode bekannt.
In Europa gilt Geomantie heute als eine Lehre in der Esoterik, bei der es gilt, wie beim Feng Shui einen bestimmten Lebensraum unter Berücksichtigung überall vorhandener, bio-energetischer Linien harmonisch zu gestalten. Da diese „Kraft-Linien“ wissenschaftlich nicht nachweisbar sind, stehen sowohl Geomantie als auch Feng Shui im Fadenkreuz so mancher Naturwissenschaftler. Die Gestaltung des eigenen Umfelds in deren Sinn ist und bleibt für viele andere Menschen jedoch entscheidend dafür, ein ausgeglichenes und entspanntes Leben führen zu können.
Ein Leben in Harmonie und Entspannung ist auch eine Frage der Wohnungseinrichtung – ob im Sinn von Feng Shui oder nach anderen Richtlinien.
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